Winnetou zieht ins Winterquartier


Freilichtbühne Mörschied blickt auf erfolgreiche „Corona-Saison“ 

Mit dem Abschied des Sommers ging auch die Spielzeit der Freilichtbühne Mörschied zu Ende. Nach einer sehr bewegten Zeit von Stillstand, Ungewissheit und Hoffnung war das, was die Mörschieder Karl-May-Spieler auf die Beine gestellt hatten, eine bravouröse Leistung. „Wir haben mit Akribie ein Hygienekonzept erstellt und auf unserer Bühnenanlage realisiert. Das war ein wahrer Kraftakt“, so Alexander Klein, Marketingchef der Hunsrücker Freilichtbühne, dessen zweites Hobby neben dem Bühnenspiel es ist, die Hoffnung nie aufzugeben. 

Begeisterte Zuschauer mit VIP-Feeling

Die Zuschauer nahmen die Hygienebedingungen dankend an und hielten sich vertrauensvoll an die Weisungen des Ordnungspersonals. Je Vorstellung konnten maximal 350 Plätze belegt werden, dafür aber saßen alle Zuschauer wie VIPs. Die vorgeschriebenen Abstände erwiesen sich als vorteilhaft, genügend Platz zum Nachbarn, Beinfreiheit und auch keine Sichtbeeinträchtigungen, da vor jeder Sitzreihe eine Reihe frei bleiben musste. „Vor der Kulisse von tausend Menschen zu spielen, war bislang ein großartiges Erlebnis für uns“, so Winnetou-Darsteller Eric Nisius. „Das spornte an, beim Theaterspiel alles zu geben. In der neuen Situation vor weniger Publikum waren wir eingangs etwas irritiert. Doch die Zuschauer in dieser neuen Konstellation belehrten uns eines besseren: Sie waren aufmerksamer, verfolgten alle Szenen genauer und belohnten alle Höhepunkte, Gags und Besonderheiten mit engagiertem Applaus“, so das Fazit von Nisius, bereits seit 14 Jahren in seiner Paraderolle als edler Apatschen-Häuptling Winnetou, die er mit Bravour und Charisma ausfüllt. 

Ein Ölprinz mit Hygienekonzept  

„Der Ölprinz 2.0“ - unter diesem Titel warb die Freilichtbühne Mörschied ab Anfang August für eine Spielzeit im September unter hygienegerechten Bedingungen. Auch die Gastronomie wurde an den Hygieneauflagen ausgerichtet. Mit dem Partner Globus Idar-Oberstein konnte ein entsprechendes Angebot für die Besucher realisiert werden. Die berühmtberüchtigten „Fleischkäs-Weck“ sowie eine vegetarische Variante wurden vom Publikum gerne angenommen. An den noch sommerlich heißen drei Spielwochenenden gab es dazu noch erfrischende Melonen-Becher. Glühwein und heißer Kakao retteten über die drei letzten Spieltage, an denen der Herbst mit Regen und Kälte in den Wilden Westen eingezogen war.

Newcomer und alte Hasen

An vier Wochenenden mit insgesamt zehn Vorstellungen ritten die Blutsbrüder mit Freund und Feind zur Unterhaltung der Besucher über die Karl-May-Freilichtbühne in Mörschied. Das von Regisseur und Ölprinz-Darsteller Marcel Gillmann an die Corona-Situation angepasste Drehbuch mit neuen Szenerien und auch neuen Rollen machte dies in der kurzen Zeit, die zwischen Ungewissheit und Freigabe lag, möglich. „Wir hatten ja schon die Kulissen für das eigentlich vorgesehene neue Stück „Halbblut“ gebaut“, so Gillmann. „Wir wollten aber alle spielen und so zogen wir das Drehbuch vom Vorjahr aus der Kiste. Die Story vom Ölprinzen war allen noch recht geläufig, viele Dialoge saßen noch und wir legten mit den Proben ab Anfang August los.“ Kleine Herausforderungen bestanden in zwei Neubesetzungen, die sich jedoch bis zur Premiere als Glücksgriffe erwiesen. Mit großem Engagement und Spielfreude schwangen sich Benny Engel in der Rolle des Häuptlings Nitsas-Ini und Niklas Worst als Sam Hawkens bis zum Spielfinale zur Höchstform auf und spielten sich in die Herzen der Zuschauer. Königliche Würde und sportliche Eleganz hauchte Engel seiner Häuptlingsfigur mit seiner Darstellung ein. Niklas Worst konnte in seiner Rolle als lustiger Westmann Sam Hawkens einen besonderen persönlichen Erfolg feiern, da er in der ersten Probe richtig Respekt vor dieser Aufgabe bekommen hatte. „Lustig sein und gleichzeitig aber auch eine Kultfigur aus dem Karl Mayschen Kosmos zu verkörpern, das verlangt einem alles ab“ kommentiert er beim Finale der Spielzeit. Hier zeigte sich jedoch der Sportler, der als ehemaliger Schwimmwettkämpfer vom Sprechtraining bis zu Bewegungskoordination und Schauspielunterricht alles durchzog. Ein Gewinn hierbei war das Mitwirken von Profi-Schauspieler Marcus Jakovljevic, der ihm viele Tipps gab. Das Ergebnis war eine brillante Vorstellung als Sam Hawkens, der auch vor einem Bühnenspaß mit roten Unterhosen nicht Halt machte. Das Publikum belohnte diese Szene mit herzlichem Beifall. Jakovljevic war ein echter Gewinn für die Mörschieder Karl-May-Spieler. Er übernahm die ebenfalls vakant gewordene Partie des Schurken „Buttler“, Bösewicht und Bruder des Ölprinzen in der Geschichte – und dies freundschaftlich verbunden im Ehrenamt. Mit seinem Spiel spornte er die gesamte Truppe zu Höchstformen an. „Es war eine der schönsten Saisons, die wir hatten“, so Marlies Doehring, die nach diesen Spielen besonders berührt war. Es war quasi ihr zweiter Bühnenabschied, zu dem sie sich bereits im Vorjahr entschlossen hatte. Auf Bitten hin schlüpfte sie jedoch für die Corona-Version „Der Ölprinz 2.0“ in ihre Lieblings-Figur der „Rosalie Ebersbach“. Fast schon aus der Jacke des Vorjahres gewachsen spielte der 15-jährige Jung-Darsteller Sully Dreher sehr überzeugend und mit coolem Engagement den auf die falsche Fährte gelockten Bankiers-Sohn „Rollins“. Insgesamt verkörperten rund 40 Darstellerinnen und Darsteller Indianer, Westmänner, Siedler und Banditen und boten zusammen Pferden und Wagen ein abwechslungsreiches und buntes Bild. 

Gut aufgestellt für die Zukunft

„Dies war die Feuertaufe“, so das Fazit von Alexander Klein, Marketing-Chef der Freilichtbühne und Verfechter von Hoffnung und Zukunftsvisionen. „Wir sind alle sehr glücklich, diese, mit heißer Nadel gestrickte Corona-Version „Der Ölprinz 2.0“, heil über diese außergewöhnliche Saison gebracht zu haben. Vor allem hat sich unser Hygienekonzept bewährt“, so Klein nach der letzten Vorstellung noch mit der Theaterschminke des Häuptlings Mokaschi im Gesicht. „Finanziell schätze ich, sind wir mit einem blauen Auge davongekommen“ räumt er mit einem Wehmutstropfen ein. „Doch unser Hauptanliegen, den Zuschauern ein paar Stunden Abenteuer und Unbeschwertheit zu bieten, wurde voll erfüllt. Für so viele positive Resonanzen und lobende Worte bedanke ich mich ganz herzlich“, so Klein begeistert von der Schlussvorstellung. Der Moment, in dem der starke Mokaschi samtweich wurde, soll auch nicht vorenthalten werden. Denn in der finalen Grußaufstellung kam seine 4-jährige Tochter im Mini-Mokaschi-Kostüm samt identischer Kriegsbemalung auf die Bühne - und Alexander der Große war überwältigt und voller Vater-Stolz. Es war ein Saison-Ausklang mit Zukunftspotential in zweierlei Hinsicht. Der Verein Karl-May.Freilichtbühne Mörschied e.V. hat sich zum einen auf die neue alles beeinflussende Situation einer Pandemie eingestellt und Konzepte entwickelt, die auch in der Zukunft greifen. Zum anderen kann die Vereinsführung mit Stolz auf eine gut organisierte Jugendarbeit bauen, denn ein Großteil der Laienspielschar besteht aus Jugendlichen und sogar Kindern, wie die kleine Tochter von Mokaschi, die in das Theaterspiel hineinwachsen und den Geist von Karl May durch die Tradition der Mörschieder Karl-May-Festspiele für die Zukunft bewahren. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Deshalb können bereits jetzt schon Karten für die Saison 2021 gebucht werden, bei der das Stück „Halbblut“ nach dem gleichnamigen Roman von Karl May zur Aufführung kommen wird. Wer jetzt schon Karten bucht, hat sie sicher, denn sollten wieder Pandemie-Reaktionen notwendig werden, muss wieder mit weniger verfügbaren Plätzen gerechnet werden. Am Hygienekonzept der Mörschieder rund um die Karl-May-Festspiele soll dies nämlich nicht scheitern. www.karl-may-moerschied.de 





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