Standing Ovations in Mörschied


Mörschied, 8. August. Grandiose Stimmung am Final-Wochenende der Spielzeit 2022 auf der Freilichtbühne in Mörschied – „Charly wäre stolz auf euch!“, so Dirk „Maverick“ Gläßner, der am letzten Sonntag der Spielzeit 2022 Sondergast bei den Karl-May-Festspielen in Mörschied war. Er hatte seine Gitarre mitgebracht und gegrüßte das Publikum mit einer Live-Einspielung von seinem Hit „Mein Freund Winnetou“, dem Song, unter dem die Freilichtbühne ihre Vorstellungen in der Saison 2022 eingeläutet hatte. Als Veranstalter und Moderator der Karl-May-Online-Treffen hatte er gerne die Gelegenheit genutzt, um das Mörschieder Ensemble persönlich kennenzulernen. Einige der Hauptdarsteller kannte er ja schon von etlichen Interviews, Lesungen und Online-Treffen – allerdings nur im Digitalformat. 

Bereits Freitag startete man mit einer zusätzlichen Abendveranstaltung, bei der im Anschluss traditionell ein Feuerwerk vom Chef-Pyrotechniker inszeniert wird. Die anhaltende Trockenheit jedoch ließ die Verantwortlichen zugunsten einer Alternative entscheiden, was die Feuerwehr besonders lobte, denn die Waldbrandgefahr ist aktuell sehr groß. Es gab also bei der Derniere quasi eine Premiere, und zwar eine Illumination der Kulissen, wobei die Lichtshow-Effekte auf die eingespielten aktuellen Titel abgestimmt waren, in die das Publikum gerne auch einstimmte. Die Feierstimmung ging nahtlos in ein Cometogether über, bei dem Jim Everett live mit Country- und Westernmusik die Karl-May-Freilichtfans bis in den frühen Morgen unterhielt. Die Vorstellung am Samstagabend stand offiziell unter dem Zeichen „letzte Abendvorstellung der Saison 2022“, bei der auch die glückliche Besitzerin der 10.000sten Eintrittskarte mit einem Präsent belohnt wurde. Aber auch Überraschungen hatten die Organisatoren für diesen Samstag vorbereitet und über die Spielzeit hinweg sorgsam als Geheimnis gehütet. 

Ehrungen für 20jähriges Bühnenjubiläum

Denn es galt, zwei langjährige Aktive zu feiern: 20 Jahre Bühnenjubiläum. Und wer nun glaubt, dass dies Senioren wären, wurde überrascht. Denn bei der Freilichtbühne Mörschied beginnen viele bereits im Kindesalter – wodurch sich diese Laienbühne auszeichnet. Es ist für viele Eltern aus dem Freilichtbühnen-Verein selbstverständlich, dass man die Kinder gleich mit Geburt als Mitglied anmeldet und sie auch sogleich zum Hobby mitnimmt. Und so wächst der Bühnennachwuchs von den zarten Kinderschuhen direkt in die Mokassins der kommenden Generationen von Westleuten und Indianern. Geehrt wurde in diesem Jahr Denise Gillmann, Ehefrau von Regisseur und Textbuchautor Marcel Gillmann und Mutter der Nachwuchsdarstellerin Carolin Gillmann. Wen wunderts da, dass mit so viel Engagement für die Freilichtbühne auch die Kinder sich dem vorgelebten Hobby nicht entziehen können. 

Eine gänzlich „überraschende Überraschung“ war die Ehrung von Alexander Klein – ebenso für 20 Jahre aktive Bühnenarbeit. Dieser hatte selber wohl im Trubel von Organisation, Hauptrolle, Stuntkoordinator, Entscheidungsträger für Feuerwerk und Corona-Regelungen seine Person völlig ausgeblendet. Selbstlos ist er nämlich, wenn es um die Freilichtbühne in Mörschied geht, und aufopfernd, wenn er Szenen spektakulär, echt und authentisch darstellen kann. Er widmet seine Freizeit dieser Bühne und geht bei der Umsetzung seiner meist tragischen und kämpferischen Rollen recht gnadenlos mit sich selbst um. Kein Feuer zu heiß, kein Pferd zu wild und kein Turm zu hoch, von dem er nicht springen würde. Alexander Klein, erster Vorsitzender des Vereins Freilichtbühne Mörschied und Zugpferd seiner Familie, die mit Kind und Kegel für die Bühne engagiert sind. „Ich werde immer da sein für diese Bühne, mein Leben lang“, so seine emotionale Antwort auf die Laudatio von Bühnen-Marketingchef Benny Engel, der ihm stilecht eine Dynamit-Kiste überreichte, vollgepackt mit Herzlichkeiten von Bühnenfreunden und Ensemblemitgliedern.

14 Mal Heldentod bewegend inszeniert

Das Finale der Saison 2022 war umgeben von einem besonderen Zauber. Bewegten sich die Schlussvorstellungen der Vorjahre in einer gelösteren Stimmung, so hatte sich die diesjährige Inszenierung von „Winnetou III“ zu einer ganz Besonderen entwickelt. Ausschlaggebend war sicherlich die besondere Intensität des Spiels der beiden Protagonisten Winnetou – Eric Nisius und Old Shatterhand – Helmut Urban, aber auch die Umsetzung der dramatischen Teilhöhepunkte vor allem durch die jungen Debütantinnen und Debütanten. Textbuchautor Marcel Gillmann hatte mit der Adaption des Karl-May-Romans „Winnetou III“ auf jeden Fall ins Schwarze getroffen und die Herzen aller Zuschauer tief beführt, was mit Standing Ovations bei den Schlussaufstellungen der Vorstellungen belohnt wurde. Somit kann die Festspielsaison 2022 als sehr erfolgreich, sehr emotional und sehr gelungen testiert werden – ein Verdienst von kollegialem Zusammenspiel, Improvisationskunst und engagiertem Einsatz des gesamten Teams. Auch als Corona oder Verletzungen sich einmischten, konnten so dem Publikum perfekte Vorstellungen geboten werden. Als guter Freund und Allzweckwaffe hat sich auch Marcus Jakovljevic erwiesen, der ein Wochenende lang professionell in die Rolle des Old Shatterhand als Verletzungs-Vertretung von Helmut Urban eingestiegen ist.

Mit „Winnetou III“ spielte man in diesem Jahr eine ganz besondere Story, die mit ihrem unvermeidlichen Ausgang nicht nur den Karl-May-Kennern immer wieder neu ans Herz geht. Auch das Ensemble kann sich selbst bei der 14. und letzten Aufführung unter heißer Sommersonne nicht dem ehrfürchtig berührenden Gefühl entziehen, wenn Winnetou in den Armen seines Blutsbruders seine letzten Worte an ihn richtet. In vielen Darstellern mischten sich gerade bei dieser letzten Vorstellung wehmütiger Rückblick auf die vielen gemeinsamen schönen Stunden mit dem traurigen Zauber, der diese Szene immer wieder aufs Neue erfüllt – und lassen so manche Augenwinkel feucht glänzen. 

Wir vergessen den Apatschen nicht – niemals!

„Vergesse den Apatschen nicht“ bat Winnetou seinen weißen Bruder Old Shatterhand nach dem tödlichen Schuss – was das Publikum jedes Mal mit minutenlanger Stille besiegelte. „Auch wir, die diese Szene nun schon vierzehn Mal hautnah erlebt haben, erfasst jedes Mal aufs Neue eine Gänsehaut, so tief emotional spielen die beiden“ so die einhellige Meinung des gesamten Mörschieder Ensembles. Und um genau diese Szene mitzuerleben, schlichen sich auch bei der letzten Vorstellung die vielen Helferinnen und Helfer aus Coffee-Shop, Grillstand oder Souvenierladen wieder auf die Aufgänge zur Tribüne, um dort Arm in Arm ihre Tränchen zu verdrücken. In den Proben und bei all den Aufführungen hatte man zwar schon den Heldentod gesehen, aber immer wieder war man berührt von diesem tiefen Moment, den Textbuchautor Marcel Gillmann so treffend beschrieben, und den die Darsteller gerade in dieser Schlüsselszene so intensiv spielten.

Mini-Mörschied – eine neue Welt

Nicht nur Karl May hatte sich mit Old Shatterhand ein Alter-Ego für den Wilden Westen geschaffen. Auch die Freilichtbühne Mörschied hat mit Mini-Mörschied als erste Karl-May-Freilichtbühne ein solches erhalten. Liebe Freunde der Freilichtbühne Mörschied haben diese Form der Alter-Showtime kreiert, die man sich als Fan der Freilichtbühne Mörschied nicht entgehen lassen sollte. Blog auf Facebook: Karl May Spielen.

Saison 2023 – ein Ausblick

Der Titel, unter dem in der Saison 2023 gespielt wird, steht in Mörschied bereits fest: Winnetou und die Felsenburg. Und auch die Rolle des Old Shatterhand konnte zum Final-Wochenende bereits mit einem Namen besetzt werden: Dieser bleibt aber noch das Geheimnis der Freilichtbühne. Man darf aber jetzt schon gespannt sein, wie die Story auf die Spielfläche von Mörschied adaptiert wird. Aber jetzt einmal schlagen die Rothäute ihre Zelte ab, packen die Tomahawks ein und schmauchen die Friedenspfeife in der Sonne des Südens. So auch die Westmänner, die in diesem Jahr mit ihrem Eisenbahnbau am Echo-Canyon so weit vorangekommen sind, dass sie noch mit dem 9-Euro-Ticket zu ihren Urlaubsdomizilen fahren können.

Mehr über die Freilichtbühne Mörschied auf der Homepage www.karl-may-moerschied.de oder auf Facebook.


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